Popkultur
Zeitsprung: Am 9.2.1964 übernehmen die Beatles die USA – gewissermaßen.
Anekdoten, Jubiläen und wilde Geschichten: Was an diesem Tag in der Welt der Musik passiert ist, lest ihr täglich in unserem Zeitsprung. Heute: 9.2.1964.
von Christof Leim
Als die Beatles am 9. Februar 1964 live im US-Fernsehen auftreten, erweist sich das als entscheidender Moment der Rock’n’Roll-Geschichte. In den Staaten bricht völlige Hysterie aus, nicht wenige heute Rockstars sitzen damals vor dem Fernseher…
Hört hier in das damals aktuelle US-Album der Beatles rein:
Klickt auf „Listen“ für das volle Programm.
Der erste Besuch der Beatles in den Vereinigten Staaten wird mit Spannung erwartet: Als die „Fab Four“ am 7. Februar 1964 in New York City landen, nimmt die „Beatlemania“ auch jenseits des Atlantiks ihren Anfang. Dem geplanten Besuch der populären TV-Sendung The Ed Sullivan Show ging ein cleverer Schachzug von Manager Brian Epstein voraus: Statt einem einzigen Auftritt verlangt er gleich drei, um maximale Wirkung zu erzielen, und akzeptiert dafür sogar eine geringere Gage. Am 9. Februar spielen die Fab Four zum ersten Mal in der Sendung – und die USA drehen kollektiv durch.
Sagenhafte 73 Millionen Zuschauer in 23 Millionen Haushalten schauen zu, ein Drittel (!) der damaligen Bevölkerung in den Vereinigten Staaten. Eine höhere Einschaltquote war bis dahin noch nie gemessen worden. Für die 728 Plätze im Studio in New York hatte es 50.000 Bewerbungen gegeben. Die Beatles spielen live, nett gekleidet in Anzügen, aber doch unerhört ungezügelt für damalige Verhältnisse. Nur fünf Songs stehen auf der Setlist: All My Loving, Till There Was You und She Loves You im ersten Block, I Saw Her Standing There und die damals aktuelle Single-Nummer-eins I Want to Hold Your Hand. Als die Namen der vier Mittzwanziger einblendet werden, steht bei John Lennon der Hinweis: „Sorry Mädels, er ist verheiratet“. Das stört die schreienden Fans jedoch kein Stück. Die Wirkung der kurzen Darbietung ist immens. Zeugen umschreiben diese TV-Übertragung als den Moment, als die schwarzweiße Welt farbig wird und eine neue Zeitrechnung der Popkultur beginnt, mit der sich die junge Generation nachhaltig von ihren Eltern absetzt.
Die vier Jungs aus Liverpool mit Ed Sullivan – Pic: CBS/Promo
Ein Woche darauf, am 16. Februar, treten die Beatles in Miami erneut in der Ed Sullivan Show auf und erreichen noch einmal 70 Millionen Zuschauer. Vor Ort wird sogar Polizeischutz nötig, damit die Band überhaupt die Bühne erreicht; Epstein und Sullivan nutzen das gleichzeitig vor Ort stattfindende Trainingslager von Muhammad Ali (damals noch Cassius Clay) für zusätzliche Aufmerksamkeit. Ein drittes Gastspiel wird am 23. Februar ausgestrahlt; da sind John, Paul, George und Ringo aber schon wieder im guten alten England gelandet. Ihre Performance wurde am 9. Februar vor dem ersten Liveauftritt aufgezeichnet.
Der Besuch der Beatles in den USA und insbesondere der erste Auftritt in der Ed Sullivan Show haben eine nachhaltige Wirkung auf unzählige zukünftige Rockstars, die genau hier ihre Initialzündung erhalten und fortan Musik machen wollen – am liebsten als einer der Beatles. So singt John Fogerty Jahre später in I Saw It On T.V.:
We gathered round to hear the sound comin’ on the little screen
The grief had passed, the old men laughed, and all the girls screamed
’Cause four guys from England took us all by the hand
It was time to laugh, time to sing, time to join the band.
Tom Petty erklärt gegenüber Guitar World: „Ich glaube, die ganze Welt hat an dem Abend Fernsehen geguckt. Zumindest hat es sich so angefühlt. Wir wussten einfach, dass sich gerade alles ändert. Die Beatles im Radio zu hören, fand ich schon großartig, aber sie live zu sehen, hat mich elektrifiziert.“ Gene Simmons von Kiss schlägt in die gleiche Kerbe: „Ich würde auf keinen Fall tun, was ich so tue, wenn es die Beatles nicht gegeben hätte. Ich habe sie bei Ed Sullivan gesehen, vier schmächtige Jungs, ein bisschen androgyn, mit langem Haar wie Mädchen. Es hat mich umgehauen, dass diese Typen solche Musik machen können.“
Oder Billy Joel: „Der wichtigste Moment, der mich dazu gebracht hat, unbedingt mein Leben als Musiker zu führen, waren die Beatles bei Ed Sullivan.“ Oder Joe Perry von Aerosmith: „Dieser TV-Auftritt war wie ein Feiertag. Ich habe noch nie Typen gesehen, die so cool aussahen, und ich war gar nicht darauf vorbereitet, wie kraftvoll und faszinierend sie rüberkamen. Das hat mich völlig verändert. Am nächsten Tag hat in der Schule niemand über etwas anderes geredet. Die Jungs mussten natürlich möglichst unbeeindruckt tun, weil die Mädchen ganz aufgeregt überall Herzchen hingemalt haben. Aber uns war allen klar, dass wir die Beatles großartig finden.“ Bon Jovi-Veteran Richie Sambora zählte 1964 nicht mal fünf Jahre, und trotzdem öffnete der Abend ihm ebenfalls die Augen: „Ich habe nur gedacht: Wow, das will ich auch machen! Ich wollte einer der Beatles sein, nicht Feuerwehrmann oder Polizist.“
Neun Tage bleiben John, Paul, Ringo und George in den USA. In dieser kurzen Zeit kaufen die Amerikaner mehr als zwei Millionen (!) Beatles-Tonträger und Merchandise für mehr als 2,5 Millionen Dollar. Für den Rest des Jahres 1964 dominieren die „Fab Four“ die US-Charts: Ihr erstes US-Album Meet The Beatles!, eine Kombination aus bisherigen UK-Veröffentlichungen, erreicht Platz, am 4. April 1964 belegt die Band sogar die komplette Single-Top 5.
Es gibt sogar nicht wenige Stimmen, die rundheraus behaupten: Die Beatles haben mit ihrer Ankunft in den USA den Rock’n’Roll gerettet. Schließlich kam von den anderen Größen zu diesen Zeiten nicht viel: Elvis hielt sich 1964 vor allem in Hollywood auf, Chuck Berry saß im Knast, und Little Richard hatte sich noch nicht von seinem Ausflug in die Gospelmusik erholt. Ganz falsch scheint diese These nicht zu sein, und es mag auch andere Künstler gegeben haben, die vor und nach der legendären TV-Show die Pop- und Rockmusik nach vorne gebracht haben. Doch niemand, wirklich niemand hatte die gewaltige Wirkung der Beatles…
“Some things may never be the same.”@AP was right about @thebeatles.
From February 10, 1964, the morning after their debut on “The Ed Sullivan Show.” pic.twitter.com/30pxHnapaX
— The ’60s at 50 (@the_60s_at_50) 10. Februar 2018
Zeitsprung: Am 30.1.1969 spielen die Beatles ihre letzte Show — auf einem Dach.

Popkultur
Zeitsprung: Am 1.4.2008 feuern Velvet Revolver ihren Sänger Scott Weiland.
Anekdoten, Jubiläen und wilde Geschichten: Was an diesem Tag in der Welt der Musik passiert ist, lest ihr täglich in unserem Zeitsprung. Heute: 1.4.2008.
von Christof Leim
Das sah schon nach „Supergroup“ aus, was sich da 2002 zusammenbraute: Drei Musiker von Guns N’ Roses und der Sänger von den Stone Temple Pilots gründen Velvet Revolver. Doch sechs Jahre später ist der Ofen aus und Scott Weiland raus. Vorher gab es noch eine lahme Platte, Streit im Internet und die ganz kalte Schulter.
Hört euch hier das Velvet-Revolver-Debüt Contraband an:
Natürlich hat die ganze Welt mit Spannung zugehört, als Slash, Duff McKagan und Matt Sorum zusammen mit dem Gitarristen Dave Kushner und dem Frontmann der Stone Temple Pilots, Scott Weiland, eine Band gründen. Beim Debüt Contraband von 2004 kommen nicht ganz unerwartet zwei musikalisch benachbarte Welten zusammen: Classic Rock und alternative-lastiger Grunge-Sound. Die Scheibe wird zum Erfolg, doch der Nachfolger Libertad bleibt 2007 weit hinter den Erwartungen zurück.
Ein Bild aus besseren Zeiten: Velvet Revolver live 2007. Foto: Kreepin Deth/Wiki Commons.
Den weltweiten Touren der Band tut das keinen Abbruch, diverse Aufenthalte in Entzugskliniken, Visa-Probleme und kurzzeitige Verhaftungen durchkreuzen einige Pläne allerdings schon. Als Velvet Revolver im Januar 2008 ihre Rock’n’Roll As It Should Be-Tour durch Europa starten, hängt der Haussegen bereits schief. Am 20. März 2008 verkündet Weiland sogar auf offener Bühne in Glasgow: „Ihr seht hier etwas Besonderes: Die letzte Tour von Velvet Revolver.“
Längt beschlossene Sache
Was er nicht weiß: Seine Kollegen haben da längst beschlossen, ohne ihn weiterzumachen, wie Slash später in einem Interview eröffnet. Das liegt unter anderem daran, dass Weiland ständig die Fans ewig lang warten lässt, und das können die Guns N’ Roses-Jungs nach dem Dauerdrama mit dem notorisch verspäteten Axl Rose nicht mehr akzeptieren. Slash, der zottelhaarige Gitarrengott, berichtet auch, dass die Bandmitglieder während der UK-Shows so gut wie kein Wort mit ihrem Sänger wechseln. „Wir haben ihm die kalte Schulter gezeigt, dass es nur so eine Art hatte.“
Kein einfacher Zeitgenosse: Scott Weiland. Credit: CRL.
Nach dem Debakel von Glasgow, das in einer halbherzigen Performance gipfelte, tragen die Musiker zudem ihren Zank in die Öffentlichkeit: Drummer Matt Sorum veröffentlicht ein Statement, das ohne Namen zu nennen deutlich mit dem Finger auf Weiland zeigt. Der wird in seiner Antwort ein gutes Stück bissiger und ziemlich persönlich. Dass das alles nicht weitergehen kann, liegt auf der Hand. Am 1. April 2008 schließlich verkünden Velvet Revolver offiziell, dass Scott Weiland nicht mehr zur Band gehört.
Wie sich rausstellt, endet damit auch die Geschichte dieser Supergroup, sieht man von einer einmaligen Live-Reunion am 12. Januar 2012 bei einem Benefizkonzert ab. Denn leider können die Herren jahrelang keinen geeigneten Nachfolger finden, obwohl Könner wie Myles Kennedy von Slashs Soloband und Alter Bridge, Sebastian Bach (ehemals Skid Row), Lenny Kravitz und Chester Bennington (Linkin Park) als Kandidaten gehandelt werden. Slash und McKagan kehren schließlich zu Guns N’ Roses zurück, während Weiland bis 2013 bei den Stone Temple Pilots singt und anschließend mit seiner eigenen Band The Wildabouts unterwegs ist. Am 3. Dezember 2015 wird er tot in deren Tourbus gefunden. Rest in peace.
Du willst nichts mehr in der Rockwelt verpassen? Melde dich hier für unseren Newsletter an und werde regelmäßig von uns über die wichtigsten Neuigkeiten, die spannendsten Geschichten sowie die besten Veröffentlichungen und Aktionen informiert!
Zeitsprung: Am 15.5.1995 klicken bei Scott Weiland zum ersten Mal die Handschellen.
Popkultur
„The Record“: Was kann das Debüt der Supergroup Boygenius?
Supergroups kennt man ja eher von Männern. Phoebe Bridgers, Julien Baker und Lucy Dacus, die drei prominenten Damen hinter Boygenius, ändern das. Ihr Debüt The Record klingt zumeist sanft, verträumt, melancholisch, bricht aber manchmal wie entfesselt los. Indie-Album des Jahres? Gut möglich.
von Björn Springorum
Hier könnt ihr euch The Record anhören:
Phoebe Bridgers, Julien Baker und Lucy Dacus sind jede für sich Ikonen, einflussreiche Künstlerinnen, die es mit unter 30 zu prominenten Figuren gebracht haben. Bei Boygenius bündeln die drei ihr kreatives Genie in einem Trio, das es in der Indie-Welt so noch nicht gegeben hat – und das ist angenehmerweise mal keine hohle PR-Übertreibung. Jede von ihnen kann als Stimme ihrer Generation gewertet werden, jede von ihnen gehört zu einer neuen Ära von selbstbestimmten Künstlerinnen, die auf ihre Weise den Boys-Club der Rockmusik unterwandern, aushöhlen, obsolet machen wollen.
Wie einst Nirvana
Das tun Boygenius auf ihrem Debüt The Record nicht etwa laut, schrill, wütend. Sondern mit Sanftmut, melancholischer Ruhe und bockstarken Songs. Ist doch eh cleverer und nachhaltiger, das geballte Talent sprechen zu lassen, das die drei Künstlerinnen auch im Verbund auf wundersame Weise zu kanalisieren wissen. Und dann sind da eben noch die subtilen kleinen Spitzen, die Hinweise: Auf dem Cover ihrer ersten EP, die bereits 2018 erschien und ein langes Schweigen einläutete, sitzen sie genau so da wie Crosby, Stills & Nash auf ihrem Debüt. Und auf dem Rolling-Stones-Cover Anfang des Jahres stellen sie die Pose des Nirvana-Covershoots von 1994 nach. Kurt Cobain hätte das gefallen.
Warum wir eine reine Girl-Supergroup gebracht haben, wird schnell klar: Wo männliche Supergroups dann eben doch irgendwann an den exorbitanten Alpha-Male-Egos zerschellen wie Hagelkörner auf Asphalt, gehen Bridgers, Baker und Dacus die Sache beeindruckend egalitär und basisdemokratisch an. Niemand drängt sich in den Vordergrund, weil alle gleichberechtigt sind. Keine Frontfrau, keine Divaallüren. „Wir ziehen uns gegenseitig hoch“, so sagte Bridgers damals dem Rolling Stone. „Wir sind alle Leadsängerinnen und feiern uns gegenseitig dafür.“ Männer bekommen das eben irgendwie deutlich schlechter hin, ist einfach so.
Die Avengers der Indie-Welt
Das alles wäre natürlich nicht viel wert, wenn The Record nicht alle hohen Erwartungen spielend überflügeln würde. Es ist ein Album, um es kurz zu machen, das einem den Glauben an die Zukunft der Gitarrenmusik zurückbringt. Es ist mal laut, mal ahnungsvoll, mal zart, mal ruppig. Vor allem aber ist es ein homogenes, reifes Werk, das in seiner Lässigkeit die Jahrzehnte transzendiert. Offenkundig sind die Einflüsse der „Avegners der Indie-Welt“, wie eine enge Freundin der Band das mal auf den Punkt brachte: Classic Rock, die Laurel-Canyon-Szene, Grunge, der Folk von Crosby, Stills & Nash, von denen sie gleich auch die verschiedenen Gesangsharmonien haben.
Eins der ganz großen Highlights ist $20, ein furioser Rocker mit schroffer Lo-Fi-Gitarre, der sich plötzlich öffnet und von allen drei Stimmen ins Ziel getragen wird. Die Mehrheit des Materials ist ruhig, verträumt, am ehesten trifft es wohl lakonisch. Emily I’m Sorry etwa oder das kurze Leonard Cohen, inspiriert von einer unfreiwilligen Geisterfahrt der Drei auf einer kalifornischen Interstate. Die Ausbrüche wie Anti-Curse, in denen Baker von einer Nahtoderffahrung im Pazifik singt, läuten deswegen umso lauter, dringlicher. Dynamik ist König, das wissen die drei. Oder besser Königin.
Musste Rick Rubin draußen bleiben?
Sie wissen eh sehr viel. Wie schwer sie es haben würden, zum Beispiel. So kamen sie überhaupt erst auf ihren Namen Boygenius: Nach zahlreichen schlechten Erfahrungen mit vor Selbstbewusstsein nur so strotzenden männlichen Kollaborateuren, die von der ganzen Welt gefeiert werden, nannten sie sich selbst so, um sich Mut zuzusprechen. Ob das auch für Rick Rubin gilt? Aufgenommen haben sie zumindest in dessen Shangri-La Studio in Malibu. Aber er hat keinen Recording Credit und durfte vielleicht nur kiffend im Garten sitzen. Vorstellbar.
The Record ist ein geniales Debüt. Es ist aber mehr, ein Instant-Klassiker, ein Album, das sich einreiht in die großen Singer/Songwriter-Momente der letzten 50 Jahre. Es ist radikal ehrlich, direkt, ungefiltert, unaufgesetzt und das Testament großen Willens. Alle Songs hätten auch auf den jeweiligen nächsten Alben der drei Solitärinnen auftauchen können. Aber dann würde ihnen etwas fehlen. The Record ist ein Album voller Risse, durch die das Licht hineingelangt, um bei Leonard Cohen zu bleiben. Ein heilsames Stück Musik, durchwirkt von Insider-Jokes, kleinen Hieben geben das Patriarchat und jeder Menge Beweise für diese besondere Freundschaft. Das wird Grammys hageln.
Du willst nichts mehr in der Rockwelt verpassen? Melde dich hier für unseren Newsletter an und werde regelmäßig von uns über die wichtigsten Neuigkeiten, die spannendsten Geschichten sowie die besten Veröffentlichungen und Aktionen informiert!
Popkultur
Zeitsprung: Am 31.3.1958 veröffentlicht Chuck Berry „Johnny B. Goode“.
Anekdoten, Jubiläen und wilde Geschichten: Was an diesem Tag in der Welt der Musik passiert ist, lest ihr täglich in unserem Zeitsprung. Heute: 31.3.1958.
von Christof Leim
Das sind die Grundlagen des Rock’n’Roll, liebe Brüder und Schwestern. Hier kommt viel der großartigen Krachmusik her, die wir im Zeitsprung feiern: Am 31. März 1958 veröffentlicht Chuck Berry den Klassiker Johnny B. Goode. Keine drei Minuten lang ist das Ding, Bluesschema in A, dazu ein flotter Backbeat und eine heiße Leadgitarre, und ab geht die Revolution. Bei Songs wie diesem haben sie alle zugehört, die Beatles, die Stones und AC/DC.
Geschrieben hatte Chuck Berry die Nummer bereits 1955 über einen „country boy“, einen Jungen vom Lande, der nicht richtig lesen und schreiben kann, aber so mühelos Gitarre spielt, als müsse er nur eine Glocke läuten. Und eines Tages wird sein Name auf allen Plakaten stehen… Wie sich später herausstellt, singt Berry hier über sich selbst. Darauf weist alleine schon der Titel hin, denn der Musiker wurde in der Goode Avenue in St. Louis geboren. Nur anfangs diente sein Pianist Johnnie Johnson als Namenspate für den Song. Der spielt jedoch nicht mal mit; bei den Aufnahmen am 6. Januar 1958 in den Chess Studios in Chicago haut Lafayette Leake in die Tasten. Den Bass bedient der nicht ganz unbekannte Blueser Willie Dixon. Das markante Eingangslick leiht sich Chuck Berry vermutlich bei Ain’t That Just Like A Woman, einer Nummer von Louis Jordan aus dem Jahr 1946, und zwar Note für Note, wie man hier hören kann. Die Originalversion der Single samt Text findet ihr hier.
Urvater des Rock’n’Roll: Chuck Berry
Aus dem Stand ein Hit
Johnny B. Goode wird zum Hit beim Publikum, und zwar unabhängig von der Hautfarbe, was Ende der Fünfziger keinesfalls als selbstverständlich gesehen werden kann. Der Track erreicht Platz zwei in den Billboard Hot R&B Sides Charts und Platz acht in den Hot 100 Charts. Wo der Unterschied zwischen diesen Hitparaden liegt, wissen wir nicht, aber fest steht: Mit der Nummer ging was. Um das zu erreichen, muss Berry eine kleine Änderung im Text vornehmen: Ursprünglich singt er von einem „little coloured boy“, ändert das aber in „little country boy“, um auch im Radio gespielt zu werden. Keine einfachen Zeiten für einen Schwarzen als Rockstar.
Die Goldene Schallplatte an Bord der Raumsonde Voyager. Johnny fliegt mit.
Heute gilt Johnny B. Goode als der wichtigste Chuck-Berry-Song. Er wird mit Preisen geehrt und in Bestenlisten aufgenommen, nicht zuletzt wird er 1977 mit der Voyager in den Weltraum geschossen. An Bord dieser Raumsonde befindet sich nämlich eine goldene Schallplatte mit Audioaufnahmen von der Erde, etwa der Stimme eines Kindes, Klassik von Johann Sebastian Bach – und eben Rock’n’Roll von Chuck Berry.
Da kommt noch mehr
Vier weitere Stück schreibt der Sänger und Gitarrist im Laufe der Jahre über den Charakter Johnny B. Goode: Bye Bye Johnny, Go Go Go, Johnny B. Blues und Lady B. Goode. Außerdem nennt er ein Album und dessen 19-minütiges instrumentales Titelstück danach: Concerto In B. Goode. Einen weiteren Popularitätsschub erhält das Lied 1985 durch Film Zurück in die Zukunft mit Michael J. Fox.
Die Liste der Coverversionen ist endlos und streift alle möglichen Genres, sie reicht von Jimi Hendrix, AC/DC und Judas Priest über NOFX und LL Cool J bis zu Motörhead und Peter Tosh. Und vermutlich fetzt noch heute irgendwo eine halbstarke Nachwuchskapelle bei ihrer dritten Probe durch das Bluesschema in A.
Du willst nichts mehr in der Rockwelt verpassen? Melde dich hier für unseren Newsletter an und werde regelmäßig von uns über die wichtigsten Neuigkeiten, die spannendsten Geschichten sowie die besten Veröffentlichungen und Aktionen informiert!
Zeitsprung: Am 7.9.1955 macht Chuck Berry den „Duck Walk“. Später freut sich Angus.
-
6 Anekdoten, die nur aus dem Leben von Keith Moon stammen können
-
Zeitsprung: Am 21.4.1959 kommt Robert Smith von The Cure zur Welt.
-
Herzschmerz, Todesfälle und der Wunsch nach Frieden: 20 Rockballaden für die Ewigkeit
-
„Bohemian Rhapsody“: Die Geschichte des Klassikers, für den Queen alle Regeln brachen