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Popkultur

Zeitsprung: Am 8.6.1969 feuern die Rolling Stones ihren Gitarristen Brian Jones.

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Anekdoten, Jubiläen und wilde Geschichten: Was an diesem Tag in der Welt der Musik passiert ist, lest ihr täglich in unserem Zeitsprung. Heute: 8.6.1969.

von Christof Leim

Es ist tragisch: Brian Jones hat die Rolling Stones nicht nur gegründet, sondern sie angeführt und musikalisch auf den Weg gebracht. Doch an einem Sonntag im Juni 1969 bekommt er Besuch von Mick Jagger, Keith Richards und Charlie Watts, die ihm klarmachen, dass er nicht mehr dazugehört.

Hört hier Let It Bleed, das letzte Stones-Album mit Brian Jones’ Beteiligung:

Wie wichtig Brian Jones für die Rolling Stones war, sollte man nicht unterschätzen: Zunächst einmal hat er die Band 1962 überhaupt ins Leben gerufen, ihr dank seiner Liebe zum Blues eine musikalische Richtung gegeben und sie in den ersten Jahren angeführt. Außerdem entwickelte er mit Keith Richards einen besonderen Stil, der die beiden Gitarrenstimmen miteinander verwob und den Songs so Tiefe gab. Jones spielte daneben eine Vielzahl weiterer Instrumente wie Piano, Orgel, Mundharmonika, Sitar, Marimba,  Percussion, Saxofon, Oboe und sogar Blockflöte, was dem klanglichen Ergebnis ebenfalls mehr Würze verlieh.

Immer weniger

Als sich die Band Anfang der Sechziger anschickt, zur nächsten Rock’n’Roll-Sensation zu werden, reitet Brian Jones die Erfolgswelle gerne mit und lebt das wilde Leben. Mit ihm entstehen legendäre Scheiben wie Their Satanic Majesties Request (1967) und Beggars Banquet (1968). Allerdings nehmen seine Beiträge mit der Zeit immer weiter ab, auf Let It Bleed (1969) hört man ihn schließlich nur noch bei zwei Nummern (You Got Silver und Midnight Rambler).

Ladies & gentlemen, the Rolling Stones! Ganz links: Brian Jones

Das hat mehrere Gründe: Zum einen entwickeln sich Keith Richards und Sänger Mick Jagger zu einem potenten Songwriting-Team, das wenig Platz für die bluesigen Vorlieben von Jones lässt. Die Ankunft des neuen Managers Andrew Loog Oldham schmeckt dem Gitarristen ebenfalls nicht, weil der viele Führungsaufgaben übernimmt und eine musikalische Ausrichtung mit mehr Eigenkompositionen anstrebt. Brian Jones wird zusehends zum Außenseiter und kapselt sich auf Tour von der Band ab, wie Oldham in seinem Buch Stoned beschreibt. Außerdem legt der Musiker heftige Stimmungsschwankungen an den Tage: Manchmal wirkt er freundlich, großzügig und offen, um sich wenig später wie eine Arschgeige aufzuführen und allen fürchterlich auf die Nerven zu gehen. Die Spannung zwischen Jones auf der einen Seite und Jagger/Richards auf der anderen steigt. Bassist Wyman schreibt in Stone Alone: „Er hat jede Freundschaft an ihre Grenzen gebracht – und darüber hinaus.“

Ungesunde Hobbys

Leider entwickelt Brian Jones zu dieser Zeit ein besonderes Faible für Rauschwaren, was nicht nur seinem körperlichen und geistigen Zustand schlecht bekommt, sondern ihn auch musikalisch unzuverlässig werden lässt. Das Ruder im Studio haben da mittlerweile längst seine Kollegen in der Hand. Am 10. Mai 1967 wird Brian Jones wegen Drogenbesitzes verhaftet, ein Jahr später nochmal. Er entgeht nur ganz knapp einer Haftstrafe, wie der Richter klarstellt: „Um Himmels willen, halten Sie sich von Ärger fern, sonst wird die Angelegenheit sehr ernst.“ Wegen dieses juristischen Damokles-Schwertes steht die Teilnahme des Briten an einer für 1969 geplanten US-Tour in Frage, was die Stimmung im Stones-Lager natürlich nicht verbessert.

Brian Jones 1965

Damit nicht genug: Im März 1967 trennt sich seine Freundin Anita Pallenberg nach einer zweijährigen Beziehung von ihm und bandelt ausgerechnet mit dem Gitarrenkollegen Keith Richards an. (Das macht man ja innerhalb einer Band nicht, würden wir mal sagen, aber in den Sechzigern haben es die Herrschaften anscheinend alle ordentlich krachen lassen, wie die Dreiecksbeziehung von Eric Clapton, George Harrison und Pattie Boyd beweist.) Pallenberg und Richards bleiben bis 1980 zusammen und haben zwei gemeinsame Kinder.

Nicht zu übersehen

Kurzum: Brian Jones geht es im letzten Jahr der Sechziger nicht wirklich gut. An Proben und Aufnahmesessions nimmt er kaum noch teil, und wenn doch, kommt wenig Verwertbares dabei heraus. Seine letzten signifikanten Beiträge leistet er im Frühling und Sommer 1968 bei der Produktion der Single Jumpin’ Jack Flash und des Beggar’s Banquet-Albums. Sein finaler Auftritt passiert im Dezember des Jahres, als die Band den Konzertfilm The Rolling Stones Rock And Roll Circus aufzeichnet. Aus etlichen Kommentaren aus der Zeit kann man herauslesen, dass das Ende von Jones’ Zeit bei den Stones für jeden sichtbar nahte. Roger Daltrey und Pete Townshend von The Who gehen sogar davon aus, dass dies der letzte Auftritt des Gitarristen überhaupt sein könnte.

Als am 21. Mai 1969 eine Fotosession ansteht, setzt Jagger seinem Kollegen die Pistole auf die Brust: Entweder erscheint er zum Termin, oder er fliegt raus. Auf den resultierenden Bildern wirkt Jones müde und geschwächt. Sie werden schließlich auf dem Cover der Compilation Through The Past Darkly (Big Hits Vol.2) veröffentlicht. Im Juli 1969 soll Let It Bleed erscheinen, im November soll es nach Nordamerika gehen. Allerdings wird das Management informiert, dass einer der Musiker sicher keine Arbeitserlaubnis erhalten wird. Das Fass beginnt überzulaufen…

Unangenehmer Besuch

Die restlichen Stones entscheiden sich schließlich dafür, einen neuen Gitarristen anzuheuern, und folgen damit dem Vorschlag ihres Pianisten und Tourmanagers Ian Stewart. Am 8. Juni 1969 besuchen Mick Jagger, Keith Richards und Drummer Charlie Watts ihren Kollegen zu Hause – und teilen ihm mit, dass sie ohne ihn weitermachen werden. Brian Jones gehört damit nicht mehr zu der Band, die er gegründet und die ihn berühmt gemacht hatte.

Immerhin darf er selbst bestimmen, wie diese Veränderung bekannt gegeben werden soll. Schon am folgenden Tag veröffentlicht Jones eine Erklärung, in der es heißt, er sei nicht mehr einverstanden mit der Musik, die die Stones machen. Sein Nachfolger wird der 20-jährige Mick Taylor, der vorher bei John Mayall’s Bluesbreakers gespielt hatte. Jones streckt darauf seine Fühler nach guten Leuten aus, um eine neue Band zu starten, und nimmt auch einige Demos auf. Doch weniger als einen Monat nach dem Rauswurf, in der Nacht vom 2. auf 3. Juli 1969, ertrinkt Brian Jones unter Drogeneinfluss in seinem eigenen Pool. Er wird 27 Jahre alt und das erste „Mitglied“ des berüchtigten „Club 27“. Aber das ist eine andere Geschichte…

Der langjährige Stones-Bassist Bill Wyman blickt auf seinen Mitstreiter mit einer Mischung aus Dankbarkeit und Trauer zurück: „Er hat die Band gestartet und ihr den Namen gegeben. Er hat die Musiker ausgesucht und die Songs, die wir spielen, und er hat uns Gigs besorgt. Brian war äußerst wichtig und hatte großen Einfluss, ein hochintelligenter Mensch, doch dann hat er langsam alles verloren…“

Bild-Credit: Andy Dolman

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